Das Verlangen nach einer Definition der Kunst ist so alt wie die Künste selbst. Seit Jahrzenten versuchen sich Lexika daran, alle Facetten und Bedeutungsdimensionen des Begriffs einzufangen, mit allen seinen Variablen und Deutungen. Das sind Ecken und Nischen, in denen sich Ausnahmen verborgen halten, die alsbald von der Regel ausgenommen werden wollen.
Auch der Volksmund beschäftigt sich seit jeher mit einer Bezeichnung der Kunst und greift oft zu kurzen Sätzen, die – längst zum geflügelten Wort herangewachsen – die Kunst und das, was sie darstellt, woraus sie besteht, beschreiben sollen.
In Folgendem sollen einige der geläufigsten Thesen zur Kunst aufgegriffen und besprochen werden. Die zustande gekommene Zusammenstellung erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Kunst liegt im Auge des Betrachters
Bei dieser These wird bei der Beschreibung von Kunst davon ausgegangen, dass es einen Rezipienten für die Kunst gibt, der sie überhaupt erst zu einer Form von Kunst erklärt. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass dort, wo es keine Betrachter es auch keine Kunst geben kann. Beziehungsweise Kunst, die keine Betrachter findet, gar nicht erst zu Kunst werden kann.
Betont werden soll durch diese These, dass Kunst nicht ausschließlich vom schaffenden Künstler als solche deklariert werden kann, sondern vielmehr im subjektiven Empfinden des Rezipienten der Eindruck entsteht „Ja, das ist Kunst.“.
Spricht man von Subjektivität, muss man auch von Qualität sprechen. Denn wird etwas als nicht kunstwürdig eingeschätzt, so kann dies nur an der vermeintlich mangelnden Qualität des zu Beurteilenden liegen, „es ist es nicht wert“ zu Kunst erklärt zu werden, es ist „noch keine Kunst“. Das würde bedeuten, dass es eine subjektive Hierarchie der Qualität der Dinge gibt, die sie, ab einer bestimmten Höhe oder Rangordnung, zur Kunst erhebt.
Die Fragwürdigkeit der These „Kunst liegt im Auge des Betrachters“ kann vielleicht hierdurch verdeutlicht werden: Wer hatte den Titel Maler mehr verdient, van Gogh oder Picasso? Wer war mehr Musiker, Mozart oder Beethoven? Oder auf die Spitze getrieben: Wer war mehr Künstler, Chopin oder Monet?